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    Die A-Karte

    Der "Führerschein" für Schaukämpfer

    E s ist ein warmer Tag. Grillen zirpen im sattgrünen Gras, die Vögel lassen ihr Lied vom blauen Himmel erschallen. Vom örtlichen Mittelaltermarkt klingt das Klirren von Metall herüber. Der schwarze und der rote Ritter liefern sich zwischen den bunt geschmückten Zelten einen heftigen Schaukampf.
    Geschickt wehrt der rote Ritter einen Hieb seines Gegners ab und kontert seinerseits mit einer schnellen Attacke. Die breite Klinge schneidet silbern durch die Luft - und trifft hart auf die ungeschützte Hand des schwarzen Ritters, der bei dieser Wärme auf Handschuhe verzichtet hat.
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickt der schwarze Recke auf seine gebrochenen Finger, von denen träge warmes Blut tropft. In seiner Wut merkt er, daß sein Gegenüber ja gar keinen Helm trägt...

    Treten wir nun aus dieser fiktiven Situation heraus, die uns überzeichnet scheinen mag.
    Tatsächlich aber kam und kommt es im Rahmen von mittelalterlichen Kampfdarstellungen (Schaukampf/Schauschlacht/Freischlacht)immer wieder zu Verletzungen, von denen die meisten bei entsprechender Vorsicht vermeidbar gewesen wären. Meist kommt man mit ein paar blauen Flecken oder Abschürfungen davon, aber es kann auch schlimmer ausgehen. Knochenbrüche oder Platzwunden sind ohne die richtige Vorsicht und Erfahrung durchaus nicht unmöglich. Wer schon mal ein stumpfes Schwert auch nur leicht auf die ungeschützte Hand bekommen hat, weiß von den Schmerzen ein Lied zu singen.


    So sah die A-Karte aus.

    Um der Verletzungsgefahr und der Gefährdung durch verantwortungslose Rowdies im (Waffen-)Rock zu begegnen, wurde auf einem Sicherheitsworkshop der HCA (Historic Combat Association) ein Prüfungsverfahren entwickelt, das die allgemeine Kenntnis von Sicherheitsbestimmungen und einen sicheren Umgang mit der Waffe vom Prüfling verlangt und dem Kämpfer bei Bestehen Können und Vorsicht bescheinigt.
    Zum Abschluß der Prüfung wurde dem Schaukämpfer dann die sogenannte, scheckkartengroße A-Karte (das "A" steht hier für Authorisation) ausgestellt. Dieses mit einem Führerschein vergleichbare Dokument sollte nun die Fähigkeit des Inhabers belegen und konnte beispielsweise vor einer Schlacht überprüft werden.

    U m die A-Karte tragen zu dürfen, mußte sich der interessierte Schaukämpfer einer von einem befugten Prüfer geleiteten Prüfung stellen.
    Ähnlich wie beim Führerschein unterteilte sich auch bei der A-Karte die Prüfung in Theorie und Praxis.
    Es gab auch verschiedene Kategorien, in denen gepüft wurde. Diese waren nach Art der geführten Waffe eingeteilt, namentlich:
    Hiebwaffen, Hiebwaffen mit Schild, Stangenwaffen und Fernkampfwaffen.
    Der Verlauf der Schaukampfprüfung war im Idealfall folgender:

    In einem vom Prüfer geleiteten Zweikampf mußte der Prüfling das Beherrschen seiner Waffe nachweisen.
    Es wurde darauf geachtet, daß der Kämpfer in der Lage war, Hiebe sicher und korrekt zu führen, verbotene Schläge zu vermeiden und Treffer durch Abstoppen der Klinge ungefährlich zu halten.
    Unser damaliger Prüfer Jörg Haßmann achtete auf sichere Klingenführung; wies darauf hin, wie wichtig das Aufwärmen der Muskeln vor dem Kampf ist; und überprüfte das sichere Abstoppen bei Körpertreffern.
    Da die Kämpfer auch in der Disziplin "Hiebwaffen mit Schild" geprüft wurden, spielten sicherer Umgang mit Schwert und Schild die größte Rolle. Die Standfestigkeit der Kämpen wurde durch Tritte vor den Schild getestet. Niemand durfte nach hinten umkippen bzw. umgeworfen werden. Auch durfte man sich durch die Tritte nicht aus der Ruhe bringen oder gar provozieren lassen.

    Im theoretischen Teil erfolgte eine Überprüfung der Kenntnis der aktuellen Schaukampf- und Schlachtenregeln.
    Wie gut sind die Prüflinge mit dem aktuellen Reglement vertraut? Auch in der Theorie mußte alles sitzen, um die A-Karte zu erlangen.
    Der Prüfling mußte zum Beispiel über erlaubte und untersagte Schlagtechniken, die richtigen Schaukampfwaffen und das Schlachtgelände Bescheid wissen.
    Die noch immer aktuellen Schlachtenregeln findet man übrigens auch auf unseren Seiten: Einfach hier klicken!

    Nach erfolgreich bestandener Prüfung wurde dem Prüfling ein Dokument ausgestellt, das der Prüfer und drei Zeugen unterschreiben mußten. Mit diesem Papier konnte man dann bei dem ehemaligen HCA-Leiter Stefan Siehoff gegen eine Unkostenpauschale von damals 5,- DM und bei mitgeliefertem Paßbild seine A-Karte anfordern.
    Wer seine Prüfung bestanden hatte, wurde außerdem in die sogenannte Kämpferliste eingetragen, die als Verzeichnis aller geprüften Kämpfer fungierte.

    Leider konnte sich die Kämpferliste wegen mangelnder Sorgfalt und Verantwortungslosigkeit einiger Weniger nicht wie gewünscht auf Dauer etablieren. Bei einem längeren Auslandsaufenthalt Siehoffs kam es zu Unregelmäßigkeiten bei Prüfungen, die schließlich das ganze System in Frage stellten und zu seinem Scheitern führten.
    Bei aller Kritik ist aber doch eines nicht zu bezweifeln: Die A-Karte gab einen Denkanstoß, verantwortungsvoll miteinander umzugehen, im Schaukampf aufeinander aufzupassen und auch in der hitzigsten Feldschlacht einen kühlen Kopf zu bewahren, damit man sich und andere nicht gefährdet.
    Ob man auch mit einer A-Karte in der Tasche zwangsläufig sicherer fechtete als andere, sei dahingestellt. Auf jeden Fall kannte man aber die Regeln und wußte, daß man bei aller Freude am Sport doch auch verantwortungsvoll und vorsichtig sein sollte!