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    III. Die Hauptzeit der Wikinger im Frankenreich

    n dieser Stelle die gesamte Geschichte aller Wikingerüberfälle in Europa fachgerecht darstellen zu wollen, würde den Rahmen dieser Abhandlung deutlich sprengen. Allein eine sinnvolle Betrachtung des Danelags, jenes berühmten skandinavischen Machtgebietes im angelsächsischen England, würde mit Leichtigkeit ein ganzes Buch füllen. Somit bietet es sich an dieser Stelle an, die nicht auf dem europäischen Festland erfolgten Unternehmungen nur kurz anzureißen und den Schwerpunkt auf das Frankenreich zu legen.

    Dort hatte es vor 840 zwar immer wieder Überfälle gegeben, aber zunächst konnte man eher von einzelnen Aktionen sprechen, die vor allem Friesland und Nordfrankreich betrafen. Friesland, mit seiner räumlichen Nähe zu den skandinavischen Siedlungsgebieten ein logisches Ziel, bekam als erstes die ab Mitte der 830er Jahre einsetzende, sich in den Folgejahren stetig intensivierende Wucht geballter Angriffe zu spüren. 834 wird das in den heutigen Niederlanden gelegene Dorestad am linken Rheinufer trotz verhältnismäßig guter Abwehranlagen niedergebrannt und auch in den kommenden 30 Jahren immer wieder zum Ziel von Wikingerangriffen.


    Im sogenannten Schatz von Hon (Norwegen) wurden Schmuckstücke und Münzen aus dem Frankenreich, England, Byzanz und Skandinavien gefunden. Man nimmt an, daß ein Teil davon "Schutzgeld" war.

    Noch attraktiver als das nahe Friesland war aber das weiter entfernte Nord- und Westfrankreich. Hier lockten reiche Städte, die den Wikingern und ihren Schiffen zudem über breite Flüsse zugänglich waren. Schon für die frühen 840er Jahre kann man die ersten Überwinterungen skandinavischer Expeditionsgruppen annehmen, und die innere Schwäche des Frankenreiches (Ludwig der Fromme war 833 von seinen Söhnen abgesetzt worden) trug ihren Teil dazu bei, daß sich die Nordmänner etablieren konnten.

    Fraglich indes sind die Dimensionen, in denen die unerwünschten Besucher ins Frankenreich einfielen. Meist sind nur die Anzahl der angreifenden Schiffe überliefert, und diese waren in der Zahl der mitgeführten Männer alles andere als einheitlich. Man muß wohl davon ausgehen, daß sich die Wikinger in Banden von kaum mehr als hundert Mann blicken ließen, und das reichte bereits völlig aus, um die vielleicht 5000 Mann starke fränkische Armee zu überfordern.

    So war es dann kein militärisches Wunder, daß der Wikingerführer Ragnar 845 Paris angreifen und plündern konnte, auch wenn wir die überlieferte Heerschar der Belagerer mit rund 4000 Mann als übertrieben groß ansehen müssen . Inwiefern Karl der Kahle an dieser Eskalation Mitschuld trug, bleibt abzuschätzen, offenbar hatte er Ragnar zuvor zugesichertes Land in Friesland wieder genommen. Um den trotzigen Plünderer loszuwerden, zahlte Karl nun 7000 Pfund Silber unter der Auflage, daß Ragnar die Seine verlassen sollte.

    Doch auch wenn man sich so kurzfristig Ruhe erkaufen konnte, eine Patentlösung zur Abwehr der beutegierigen Fahrtgenossen waren die Bestechungsgelder nicht. Vielmehr schufen die Franken so ungewollt noch mehr Nachahmer, die mit Schiff und Axt in ihr Reich kamen. Auch nach dem Tode Karls des Kahlen 877 blieb die Politik der finanziellen Besänftigen relativ erfolglos. Karl der Dicke (reg. 885-888) scheiterte gar an seinen Zugeständnissen an die Wikinger und wurde abgesetzt. Er hatte es nicht geschafft, eine einjährige Belagerung von Paris militärisch abzuwenden.

    So stellten die Wikinger die Menschen an den größeren Gewässern Europas vor eine schwierige Aufgabe. Sie plünderten, zumeist aus Dänemark kommend, im 9. Jahrhundert unter anderem Bordeaux, Périguex, Limoges, Toulouse, Orléans, außerdem London, Pisa und einige nordafrikanische Städte. In Deutschland waren vor allem die Küsten betroffen, aber auch Binnenstädte wie Hamburg (845) oder Köln (881).




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