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    Ackerbau im Mittelalter
    Beginn der Dreifelderwirtschaft

    us der Feld-Graswirtschaft mit dem Wechsel von Getreideanbau und Brache entwickelte sich zum Ende der Völkerwanderung (ca. 800 n. Chr.) die Dreifelderwirtschaft. Dieses Landbausystem war durch die Fruchtfolgen Winterung, Sommerung und Brache gekennzeichnet. Angebaut wurde vor allem Roggen (Winterroggen/Sommerroggen).


    Bauern bei der Getreideernte mit der Handsichel (Shaftesbury Psalter, 2. Viertel 12. Jahrhundert, f.6v). Man beachte die wiesenartige Bodendarstellung.

    Bei der Dreifelderwirtschaft wurden die Felder einer Gemarkung in sogenannte Gewanne (oder auch Zelgen) aufgeteilt, in denen jeder Bauer je einen Streifen Land erhielt. Ein Gewann trug Sommergetreide, das andere Wintergetreide, und das dritte blieb brach liegen. Jedes Jahr rotierte diese Bestellung bzw. diese Ruhephase der Felder. Die Wiesen, Wälder, und Wasser gehörten der Dorfgemeinschaft zusammen und durften auch von jedem Dorfbewohner im gewissen Umfang genutzt werden (Allmende). Die einzelnen Gewanne wurden mit Erdwällen, Steinmauern oder Hecken (Knicks) gegen das Vieh auf dem Allmende geschützt. Auch eine Kämpe (ein auf dem Allmende von den eigentlichen Ackerflächen getrenntes Feld, welches zusätzlich bestellt wurde) wurde so gegen Vieh geschützt. Im nördlichen und westlichen Mitteleuropa herrschte Knicks (Hecken) vor. So gab es Knicks in Westfalen schon in vorgermanischer Zeit (also länger als 700 v. Chr.). Knicks wurde durch das Knicken junger Laubholzbäume für das Vieh undurchdringlich gemacht. Oft wurden diese Laubbäume auf Wälle aus Rasensoden gepflanzt. Diese Bäume wurden dann wie Nieder- oder Mittelwald bewirtschaftet.

    Die Felder mußten damals erheblich anders ausgesehen haben als heute. Das Ackerland wurde so oft wie möglich in die allgemeine Weide miteinbezogen. Das Vieh wurde nur in der Zeit zwischen Feldbestellung und ersten Bestockung des Getreides und zwischen dem Beginn des Schossens und der Ernte nicht auf die Felder gelassen. Das junge Sommer- und Wintergetreide wurde durch diese Nutzung als Viehfutter nur wenig geschädigt. Es vermehrte dagegen die Bestockung und half Unkraut zu bekämpfen. In der Nacht wurde das Vieh auf die Brache getrieben und dort eingepfercht. Hierdurch wurde der Boden gedüngt und das Vieh fand besonders proteinreiches Futter. Neben dieser Düngung aus der Viehhaltung wurde häufig Humus und Streu auf die Felder gebracht, die man aus den Wäldern herbeischaffte.

    Vieh transportiert aber auch zahlreiche Samen von Wiesenpflanzen auf die Felder. Man kann folgende Transportwege unterscheiden:


    Vieh wird ausgetrieben (Sachsenspiegel, 13. / 14. Jhdt., f.37r)

  • Samen mit Hafteinrichtungen (z.B Kletten)

  • Samen die den Magen-Darmkanal im keimfähigen Zustand passieren können

  • Samen die in Erd- oder Kotkrusten enthalten sind, oder die an den Hufen oder dem Fell (bzw. Federkleid) festkleben
  • Die Brachweide dürfte hierdurch, trotz ihrer kurzen Dauer (ein Jahr), das Artgefüge der Unkraut-Gemeinschaften wesentlich mitbestimmt haben, und es rasenähnlich gemacht haben. Diese Vermutung wird dadurch gestärkt, daß der Acker nur zweimal im Verlauf von 2 Jahren durch das Pflügen gestört wurde und dann ein Jahr lang brach lag. Außerdem wurde der Acker niemals durch Hacken gestört, und die damaligen Geräte, die zum Pflügen eingesetzt wurden, haben die Ackerkrume nur flach und lückenhaft umgebrochen. Dazu kommt noch, daß das Getreide (meistens Roggen) weniger dicht war und den Boden somit weniger beschattete.

    Somit waren die Unkrautgesellschaften zu jener Zeit reich an ausdauernden und regenerationsfähigen Pflanzen, wobei Gräser die Masse stellten. Die Standortbedingungen entsprachen zu dieser Zeit den Grassteppen im kontinentalen Südosteuropa, wo viele unserer Ackerunkräuter beheimatet sind. Durch Verknüpfung von Viehhaltung und Ackerwirtschaft, die vermutlich schon seit dem Beginn des Ackerbaus in Mitteleuropa in Gebrauch ist, konnten sich Ackerunkräuter sehr schnell auf neuen Ackern ansiedeln. Neben der Dreifelderwirtschaft gab es auch gartenbauliche Bewirtschaftungsformen für Obst und Gemüse. Auch Kulturarten zur Gewinnung von Textil- und Farbstoffen waren verbreitet und wurden kultiviert.

    Diese Bewirtschaftungsweise war die bestimmende Landwirtschaftsform bis weit ins 18. Jahrhundert hinein.


    Ernteallegorie im Speculum Virginium (deutsch, um 1190).
    Wandlung des Ackerbaus von der Späten Neuzeit bis zur Gegenwart
    Späte Neuzeit bis 1950: Neue Pflanzenarten und Methoden

    Im 18. Jahrhundert kam es dann zu einer Ausweitung des Ackerbaus. Durch weitere Erschließungssmaßnahmen wie Trockenlegung größerer Feuchtgebiete wurden auch ungünstige Standorte für den Ackerbau erschlossen. Leistungssteigerungen der Äcker wurden dadurch erzielt, daß man begann, die Brachflächen mit Futterpflanzen zu bestellen. Durch den Anbau von Schmetterlingsblütlern wie z. B. Luzerne, Esparsette, Rot-Klee, die der Viehhaltung zugute kamen, wurden gleichzeitig die Bodeneigenschaften verbessert.

    Schließlich ging man auch dazu über, Brachflächen mit anderen Kulturpflanzen wie Raps, Erbsen, Futterrüben u. a. zu bestellen. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurden auch Kartoffeln und Mais (beide ursprünglich in Amerika heimisch) auf der Brachzelge angebaut (verbesserte Dreifelderwirtschaft). In vielen Gegenden, z. B. in den Anbaugebieten der Zuckerrübe, setzte sich das Nutzungssystem des Fruchtwechsels durch, bei dem auf eine Halmfrucht (Getreide) im nächsten Jahr eine Blattfrucht (Zuckerrübe, Futterrübe, Kartoffel) folgte. Durch diese Trennung von Viehzucht und Ackerbau in der Landwirtschaft in 18./19. Jahrhundert kann es zur Verdrängung der mehrjährigen Ackerbeikräuter (insbesondere durch das Hacken der ehemaligen Brachzelge die ja jetzt mit Hackfrüchten bestellt wurden) durch annuelle Ackerbeikräuter. Diese bis heute bestehende Trennung zwischen Viehaltung und Ackerbau hat für die Ackerbegleitflora eine Artenverarmung zur Folge, so das selbst bei einem Verzicht auf Herbizide keine Artenfülle erhalten werden könnte, wie bei einer Kombination von Viehhaltung und Ackerbau der Fall wäre.


    Erntemaschine von Obed Hussey, USA (Druck um 1852).

    Mit dem rapiden Anstieg der Bevölkerung und der voranschreitenden Industrialisierung spielten sich im 19. Jahrhundert in der Landwirtschaft weitreichende Veränderungen ab. So wurde es durch die Einführung des Kunstdüngers möglich, nicht nur den Abfall der Bodenfruchtbarkeit aufzuhalten, sondern darüber hinaus vorher nicht für möglich gehaltene Ertragssteigerungen zu erzielen. Auch die Züchtung leistungs- und widerstandsfähiger Zuchtsorten führten zu verbesserten Erträgen. Neben die alten, seit Jahrhunderten bestehenden Kleingeräte der Bauern traten neue und große Maschinen. Hierdurch konnten große Flächen mit wenigen Arbeitskräften und einem geringeren Arbeitsaufwand zu bestellt werden. Säen, Düngen und Ernten werden seitdem nur noch maschinell durchgeführt. Durch die Einführung dieser Neuerungen im Ackerbau, insbesondere dem Einsatz von Kunstdünger, kam es zu erheblichen Veränderungen der Unkrautvegetation. So wurden (bzw. werden) kalkarme Böden durch Aufkalken "rübenanbauwürdig" gemacht. Ausgesprochene Magerstandorte verschwanden durch die Düngung ebenfalls.

    Diese seit dem 19. Jahrhundert einsetzenden tiefgreifenden Veränderungen wurden nach Ende des zweiten Weltkrieges noch erheblich verstärkt. So haben die Erträge alter Kulturarten seit dieser Zeit sprunghaft zugenommen.

    Ackerbau heute
    Warum Äcker heute ganz anders aussehen

    Erst im 16. Jahrhundert nach Europa gekommen und heute eine der dominanten Feldfrüchte unserer Breiten: Mais (Abbildung von Otto Wilhelm Thomé, Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, Gera 1885)

    Seit 1950 kam es zu einer starken Ausweitung des Getreideanbaus bzw. des allgemeinen Ackerbaus im Flachland. Dagegen wurden in Mittelgebirgsgegenden wie der Schwäbischen Alb und dem Schweizer Mittelland viele Flächen aus der Nutzung gezogen, da diese unretabel wurden. Außer diesen montanen Standorten wurden auch Flächen in entwässerten Mooren aus Gründen der Wirtschaftlichkeit aufgegeben. In den Alpen stiegen die Bauern von Ackerbau und Viehzucht auf ausschließliche Viehzucht um, da sie sich nicht mehr selbst versorgen mußten. In der Nähe von großen Städten wurden, trotz bester Böden, viele Felder aufgegeben.

    Anstelle von Roggen herrschen heute auf den Getreidefeldern Weizen und Gerste vor. Selbst aus früher als Roggen- und Kartoffel-Anbaugebiete bekannten Landstrichen sind heute infolge intensiver Düngung Weizenanbaugebiete geworden. Unter den Blattfrüchten konnten nur die Zuckerrüben sowie Silomais und Körnermais ihre Fläche halten oder ausdehnen. Kartoffeln, Futterrüben und Futterpflanzen sind stark zurückgegangen. Die Ausweitung des Getreideanbaus und die damit verbundenen relativ frühen Erntetermine führten zur Zunahme des Zwischenfruchtanbaus, der sowohl der Gründüngung als auch der Futtergewinnung dient.

    Folgende Faktoren lassen Äcker heute völlig anders erscheinen, als in allen vorangegangenen Epochen:



  • Abschaffung von Viehtrieb über abgeerntete Äcker (um 1950 in Süddeutschland noch mit Schafen üblich)

  • Vollmechanisierung des Ackerbaus unter Einsatz moderner Maschinen führt unter anderen zu Änderungen in der Ackerbegleitflora (Verschwinden von Saatunkräutern, Einwanderung bzw. verstärktes Vorkommen von anderen Pflanzen)

  • Die Schaffung großer zusammenhängender Ackerflächen, Abschaffung von Hecken
  • Anbau leistungsfähiger Sorten
  • Verstärkter Einsatz von Mineraldünger
  • Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln u.ä. (Herbiziden) führt zum Anreicherung von Schadstoffen im Boden
  • Verschwinden von stickstoffarmen Böden durch Eintrag von Nitraten und Nitrit durch Auschwaschung von Stickoxiden (Luftverschmutzung)
  • Zunahme der Erosion durch das Fehlen von bodendeckenden Pflanzen
  • Fazit

    in Feld im Mittelalter muß man sich ganz anders vorstellen, als die heutigen Agrarflächen. Das von Hecken umgebene, mit Unkraut durchsetzte und regelmäßig brachliegende Feld wurde von zusammenhängenden Agrarflächen ersetzt, die dank Unkrautvernichter, Trennung von Feld- und Viehwirtschaft, verbessertem Pflügen, Kunstdünger und neuen Pflanzen völlig anders aussehen. Maschinen lösten die weitgehende Handarbeit und die Verwendung von Zugtieren ab. Ursprünglich heimische Nutzpflanzen wurden vielfach von Neuankömmlingen aus der Neuen Welt oder durch verbesserte Züchtungen verdrängt. Die Kulturlandschaften haben sich ebenso geändert, wie die Organisation der Gesellschaft. Für einen heutigen Menschen würde ein mittelalterliches Feld eher einer hochgewachsenen Wiese ähneln, als einer modernen Monokultur.

     

    Autor: Martin Bruns


    Literatur


    ELLENBERG, Heinz: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. In ökologischer, dynamischer und historischer Sicht, Stuttgart (5) 1996.
    HARENBERG, Bodo (Hrsg.): Chronik der Menschheit, Dortmund 1984.
    HOFMEISTER, Heinrich / GARVE, Eckhard: Lebensraum Acker. Pflanzen der Äcker und ihre Ökologie, Singhofen 1986.




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